Für viel Geld

Ich muss es sofort runter schreiben.
Keine Musik anmachen.
Keine Ablenkung.
Die Worte wieder aufgreifen, die Felix vorhin bei einem Kaffee in meinem temporären Speicher abgelegt hat.

Felix ist ein feiner Mensch, der auf einer ähnlichen Welle reitet wie ich. Zumindest habe ich jedes Mal, wenn wir uns treffen, dieses Gefühl. Felix ist nicht der einzige Mensch, den ich über Joy -ach!- kennengelernt habe. Aber Felix an sich ist recht einzigartig. Auch seine Art zu erzählen.

Und heute erzählte mir Felix folgende Geschichte über einen Besuch im Swinger Club, der sich bei ihm bis heute sehr stark eingeprägt hat. So seltsam war er.

Felix hatte sich mit seiner Spielpartnerin Anna in einen Swinger Club in der baden-württembergischen Provinz aufgemacht. Ein Ort voll eher weniger attraktiven Männern und fa---an dieser Stelle wurde ich von einem Telefonat unterbrochen: Karl, mein allerallerallererstes Joy-Model rief an, um einen Termin für ein neues Shooting auszumachen. Juchu! Also, zurück zum Thema:--- szinierenden, derben Dialekten. Felix und Anna fanden das alles sehr lustig, aber wenig erotisch.

Als Felix zur Bar ging, um Drinks zu holen, kommt ein auffällig attraktives, auffällig junges Mädchen zu ihm, stellt sich neben ihn und nimmt umgehend Körperkontakt mit ihm auf. Der Beginn eines Gesprächs: ob Felix mit ihr Sex haben wolle. Felix so: Oh. Ja. Er sei aber nicht allein da. Zeigt auf Anna. Das Mädchen: das sei ok. Anna steigt kurz darauf ein, will mehr vom Mädchen erfahren, weil die Situation gar so schräg ist. Das Mädchen: ein Bekannter ihrer Mutter habe veranlasst, dass sie hier im Club sei. Der würde ihr 1.000 € zahlen, wenn sie mit jemandem Sex haben würde und er zuschauen dürfe. Und grundsätzlich habe sie ja viel und gern Sex. Und sie habe sich jetzt halt den attraktivsten Kandidaten für diesen Zweck ausgesucht (Ganz klar: Felix. Felix schneidet nicht nur in einer provinziellen Bumsbar gut ab, er fällt auch im normalen Leben als überdurchschnittlich aus dem Rahmen).

Felix, mit der nötigen Lebenserfahrung gewappnet: ob sie das Geld schon habe. Das Mädchen: nein. Felix haut sich innerlich an den Kopf. Mensch, sie müsse sich doch das Geld vorher geben lassen...! Felix und Anna lassen sich auf den Deal ein, der sich anfühlt als sei er irgendwie ganz knapp an der Kante. Aber gut. Der Mann, dessen Begehren sich darauf beschränkt, dass er zuschauen will, wenn das Mädchen Sex hat, stellt sich als ungefähr Mitte 50, dicklich, mit Migrationshintergrund heraus. Er sitzt die ganze Zeit über in einem Sessel, wichst nicht, macht nichts, schaut nur.

Felix und Anna beginnen auf einem exponiertem Bett ihr Spiel mit dem Mädchen. Felix hat den Eindruck: das Mädchen hat doch irgendwas genommen. Sie wirkt so komisch euphorisch. Eine Männertraube bildet sich um das Bett. Felix und Anna steigen irgendwann aus und ziehen sich zurück, denn es wird immer schräger: die Männer beginnen, das Mädchen von allen Seiten anzufassen. Das Mädchen gibt sich nun völlig wahllos den Männern hin. Sämtliche Körperöffnungen, alles. Nur noch krass. Und bizarr. Ein dicker Mann kniet auf Felix Unterbux. Er befreit sie und holt sie sich zurück.

Mir bleiben die Worte weg. Ich so: mich würde interessieren, was mit dem Mädchen ist.

Felix nur: Lost. In meinen Augen, lost.

Katalogseiten

....Toni liegt noch im Bett. Ich sitz' schon am Tisch. Und mache Tipptipptipp. Büroarbeit. Joyclub-Mails beantworten. Ja, ich antworte* auf jede, noch so dumme.... (* dann allerdings ziemlich dumm). Die Links des Schicksals führen mich zu der Präsentation von "Manni9210". Bestechende Bilder: Nacktbilder, Ü50, Gürtellinie aufwärts, die mich an Helmut Kohls letzte Amtszeit erinnern. Mein Interesse ist geweckt, ich erahne Großes - und werde nicht enttäuscht.

Der folgende Katalogtext, in Auszügen:
ÜBER MICH
"(...) Ich bin " KEIN " Bred Pitt und auch " KEIN " George Clonney (...krass, das glaub' ich ihm sogar) sondern ich bin ein ganz normalo.
(...) Ich gehe gerne in Swingerclub Rambazamba Bundesstr. 110 in ***. Ich möchte nicht immer nur zusehen sondern es auchmal erleben (...oh sh**!! Das ist der Club, wo wir mit Maria und Sebastian waren. So langsam wird mir einiges klar... Es gruselt mich, nachträglich.). Ab Samstag Nachmittag ab ca. 13:00 Uhr bin ich dort öfters." (...ok, alles klar. Es fällt mir nicht besonders schwer, mich an Samstagnachmittagen anderweitig abzulenken.)

Ich mag Kataloge. Gerne sämtliche Kataloge, egal ob über Angelzubehör oder Russische Nutten an mich senden! Und schon habe ich Samstagnachmittag was zu tun.

Gastbeitrag: Die Hoppenstedts im SPA

Ein Gastbeitrag von Minna Millennium.

Kennt Ihr das?

Diesen simplen Wunsch der einen dann und wann überkommt, einfach mal wieder etwas für sich zu tun? Sich Zeit zu nehmen, an sich selbst zu denken, die Anspannungen des Alltags abfallen zu lassen und die innere Balance wiederzufinden. Etwas zu tun, das der Seele schmeichelt.
Am Ende lockt sogar die Aussicht auf sichtbare Minderung von Falten und Fältchen, gleichmäßiger Teint, Verfeinerung der Poren, Zunahme des Lippenvolumens (oben/unten), Gewichtsabnahme, straffere Haut und vitaleres Aussehen. Wenn das kein Ansporn ist!

Kurzentschlossen schnappte ich mir Jasper – ihm würde so eine SPA-Behandlung auch guttun – und fuhr mit ihm eines Samstags im Februar in einen 5-Sterne-Premium Wellnesstempel. Nee, Quatsch. Späßle gemacht. Wir fuhren in einen Swingerclub. Aber im Endeffekt kommt’s aufs Gleiche raus. Auch finanziell gesehen.

An besagtem Samstagabend im Februar war es jedenfalls lausig kalt. Minus 12 Grad zeigte das Thermometer. Uns war es egal, denn wir hatten uns in sexy Thermoboots und Daunenjacken gewandet. Und jetzt standen wir in einer langen Warteschlange vor dem Club. Die Mitwartenden waren überraschender Weise auch total unspektakulär angezogen und nicht etwa in halbseidene Fummel gekleidet, wie ich zuvor spekuliert hatte. Überhaupt sahen sie ziemlich normal und unauffällig aus. Ich war schon fast ein bisschen enttäuscht. Die Stimmung in der Warteschlange war folglich locker, flockig, unverkrampft. Beinahe familiär. Kein Wunder, zeigen doch jüngste Studien, dass Menschen, die ihr sexuelles Coming-out haben, deutlich stressfreier, entspannter und sogar gesünder durchs Leben gehen. Das weiß sogar Toni.

Nachdem wir als nicht vorangemeldete Gäste noch so gerade eben Zutritt ins Innere des Clubs gewährt bekamen, war erst mal „Umziehen“ angesagt. Flugs wurden die Kamikboots gegen High Heels getauscht und die halbseidenen Fummel aus dem Täschchen gezaubert. Jasper bestach durch sein nachtschwarzes „GIRL GIRLS GIRLS“-Shirt und sein gewinnendes Lächeln. Ich trug ein kurzes, schwarzes Kleid und zog darunter blank, was man freilich nicht sah, mich aber in eine leicht erregte Grundstimmung versetzte.

Die obere Etage des Clubs ist DER Bereich. DER halt! Ihr wisst schon. Der mit vielen Zimmern und Spielwiesen, schummrigen Licht und bemerkenswerten Geräuschen. Es war gefühlte 40 Grad heiss. In Anbetracht der winterlichen Außentemperaturen hatte sich die Clubleitung wohl dazu entschlossen, alle Heizungen bis zum Anschlag aufzudrehen. Hie und da vernahm man lustvolle Seufzer und begeistertes Stöhnen. Schuhe lagen kreuz und quer vor den Zimmern. Eigentlich ganz gemütlich.

Plötzlich wurden Jasper und ich vollkommen unerwartet angesprochen: „Mensch! Wir kennen Euch. Ihr seid doch…“ Im Gegensatz zu dem vor uns stehenden Pärchen hatten weder Jasper noch ich einen Schimmer, wer uns da gegenüber stand. Und dann kam der Moment, in dem es sich rächt, wenn man sich im Internet einen zu dämlichen Nicknamen verpasst. Bei dem Paar gegenüber fiel nämlich mittlerweile der Groschen: „Die Hoppenstedts!“ Und so machten wir also die Bekanntschaft von Ulli und Meike, die wir bislang nur von Nacktfotos aus dem Internet her kannten.

Was dann folgte, war die wundersame Annäherung von vier Menschen, die sich gut finden und das Gleiche wollen. Zumindest so in etwa. Und soweit man das überhaupt nach so kurzer Zeit beurteilen kann. Jedenfalls dauerte es nicht lange, da knutschte Jasper mit Meike, ich mit Ulli. Und mit Meike. Am Ende der Nacht landeten wir auf einer Matratze und vergnügten uns. Vor allem aber amüsierten wir uns.

Jasper hat übrigens seine Unterbuxe verloren und ich garantiert ein paar Falten.

In Brandenburg

Was ist trauriger: ein lieblos eingerichteter Fetischclub oder ein fast leerer lieblos eingerichteter Fetischclub?

Die Antwort lautet: ein fast leerer lieblos eingerichteter Fetischclub, in dem die Hälfte der Gäste Biker sind. Solche Biker.

Wir hatten uns das anders vorgestellt, als wir uns mit den Hoppenstedts zur "Bi-Party" verabredeten. Der kleine Club schien die Fetisch-Oase der Stadt zu ein, nachdem sein großer Bruder schon vor Jahren schließen musste. Da wollten wir vier anderen Erwachsenen bei der Arbeit zuschauen und gleichzeitig Tabeas neues Korsett der breiten Öffentlichkeit vorstellen.

Leider bestand die Öffentlichkeit aus 14 zu dürftig bekleideten Zeitgenossen jenseits der 50, die uns kollektiv erschrocken anstarrten, als wir durch den Vorhang zur Bar gingen. Der Wein war schlecht, ebenso die große Spinne über'm Eingang. Für meinen Geschmack hing hier noch zu viel Deko von Halloween herum. Es gab die Standardausstattung für 50-Shades-Leser samt Streckbank, Käfig und Andreaskreuz, aber originell war das alles nicht. Und leer, leer war es.

Wir unterhielten uns ganz wunderbar mit den Hoppenstedts: vor der leeren Gefängniszelle, vor der verwaisten Liebesschaukel, am Rande der leblosen Tanzfläche und neben der unbenutzten Spielwiese. Ab und zu lief jemand an uns vorbei, offensichtlich auf der Suche nach Leben. Doch wir waren auf dem Mars.

Wir bleiben trotzdem bis um drei Uhr, weil die Hoppenstedts den Mangel an Fetischern durch ihre bunten Geschichten mehr als wett machten. Mit denen könnte man bestimmt auch gut durch Brandenburg fahren - vielleicht auf einem Motorrad? Und wenn wir zwischendurch unsere Ruhe wollen, gehen wir einfach in einen Club.